Gestern Nacht bin ich wieder hier in Cork eingetroffen, nachdem ich seit Montag in Belfast war. Die Stadt hat einen sehr wiedersprüchlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Auf der einen Seite scheint es kaum etwas friedlicheres als die Innenstadt von Belfast zu geben. Überall Geschäfte, einige viktorianische Gebäude und einen echten "Continental Christmas Market".

Andererseits findet man schnell auch die Zeichen eines Konfliktes, der noch lange nicht gelöst ist.

Bei einer Tour mit einem "Black Taxi" bekamen wir von einem Belfaster die Schauplätze diese Konfliktes gezeigt und jede Menge Hintergrundinfos. Die Fahrt war für mich mit Sicherheit der spannenste Part der Reise nach Nordirland. An den Orten des Geschehens bekommt man schnell ein Gefühl, wie die gewalttätig und konfliktreich das Leben in Belfast war (bzw. ist). Denn anders als mein Eindruck vor dem Besuch war, kann kaum von Frieden gesprochen werden - es scheint sich vielmehr um eine Waffenruhe zu handeln. So wird dies auch am ehesten von den Belfastern aufgefasst - kaum einer wäre überrascht, wenn es wieder zu schweren Ausschreitungen kommt. Als einer der Spottlights des Konflikts besuchten wir die Arbeiterstadtteile im Westen der Stadt. In Shannkill (protestantisch) und Falls (katholisch) handelt es sich weiterhin um religiöse Ghettos. Eine Durchmischung der Bevölkerung hat bisher in keinsterweise stattgefunden - und ist auch undenkbar. Denn wärend die Protestanten auf großen Wandbildern beispielsweise weiterhin Oliver Cromwell feiern und dessen geplanten Genozid an den Katholiken der Insel als einzige Lösung für Frieden in Irland anpreise - werden auf katholischer Seite sämtliche IRA Attentäter in Martyer-Denkmälern gedacht.


Getrennt sind die beiden Stadtteile durch eine riesige Mauer, die sogenannte Peace Wall. Weiterhin werden die wenigen Querstraßen die die Stadtteile tagsüber verbinden, abends mit schweren Toren verschlossen und damit die Viertel quasie abgeriegelt. Auch die Polizei fährt hier eher mit Panzerwagen durch die Gegend.

Die offiziell entwaffnete IRA hat sich mit ihrem politischen Arm (keinesfalls andersherum) Sinn Fein auf den politischen Kampf konzentriert, weil sie im gegenwärtigen Umfeld die Chancen ihre Ziele auf diesem Wege zu erreichen am Größten einschätzt. Die gewaltbereiten protestantischen Paramilitärs sind wiederum sind jederzeit bereit für einen Verbleib bei Großbritannien zu kämpfen. Das Vereinigte Königreich wiederum ist an einem Verbleib Nordirland im Bund (noch) interessiert. Der Friedensprozess ist ein wichtiger Schritt, aber für die Lösung des Konfliktes werden alle Seite weitere Zugeständnisse machen müssen.